Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten ist eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens gestartet. Die zwölf Meter lange Rakete ist in Australien getestet worden und stammt aus Neuenstadt am Kocher im Landkreis Heilbronn.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Erstmals seit Jahrzehnten ist eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens gestartet. Die zwölf Meter lange Rakete hob am Freitag (3. Mai) gegen 7.10 Uhr deutscher Zeit in Koonibba in Australien ab, wie ein Sprecher des Unternehmens mitteilte.
Die Trägerrakete SR75 des Start-ups HyImpulse wird mit Paraffin (Kerzenwachs) und flüssigem Sauerstoff angetrieben. Sie kann eine Nutzlast von 250 Kilogramm transportieren und ist nach Angaben von Co-CEO und Mitgründer Christian Schmierer auch in der Lage, ins All zu fliegen.

 

Was genau soll in die Luft fliegen?

Diesmal war jedoch nur eine Höhe von 60 Kilometern geplant. Die Grenze zum Weltraum wurde damit nicht überschritten. Das Unternehmen HyImpulse, das in Neuenstadt am Kocher im Landkreis Heilbronn seinen Sitz hat, ist mehr als 15 000 Flugkilometer von Konnibba entfernt. 

Die Ingenieure hatten mit dem Start vor allem das Triebwerk der Rakete testen wollen. Das Antriebskonzept sei etwas Besonderes. Die Rakete fliege mit Paraffin, also Kerzenwachs, und flüssigem Sauerstoff. An dem Triebwerk werde mittlerweile seit mehr als zehn Jahren gearbeitet.

Die Technik sei schon bekannt, habe sich aber bei Startraketen bisher nicht durchgesetzt, erklärt Martin Tajmar, Experte für Raumfahrttechnik an der TU Dresden. „Es gibt keine kommerzielle Rakete, die so eine Technologie in groß verwendet.“

Welchem Zweck dient der Flug?

Die 12 Meter lange Rakete ist das erste Produkt von HyImpulse. Foto: HyImpulse/dpa

Die Idee sei, mit der Trägerrakete ein besseres Angebot für Kleinsatelliten zu machen, erläutert Schmierer. „Bisher gibt es vor allem Raketen auf dem Markt, die man sich wie Busse oder Züge vorstellen kann. Sie laden die Satelliten nur an bestimmten Orten im Orbit ab, wie an einer Haltestelle. Unsere Rakete ist eher wie ein Taxi.“

Die Raketen seien durch das hybride Triebwerk aus festem und flüssigem Treibstoff günstiger, da weniger Bauteile nötig seien als bei herkömmlichen Antrieben. Die nächsten Starts seien bereits geplant, so Schmierer.

Die Rakete sei das erste Produkt von HyImpulse. Man arbeite auch an einer zweiten, größeren Rakete, die auch größere Kapazitäten habe. Die Raketen sollen in etwa eineinhalb Jahren Satelliten ins Weltall transportieren.

Wie ist der Raketenstart international zu bewerten?

Im Ganzen betrachtet sei es ein Nischenmarkt, sagt Raumfahrtexperte Tajmar. Für Europa sei es relevant, weil es im Moment niemanden gebe. Die Raketen von Tech-Milliardär Elon Musk seien in diesem Jahr für rund 90 Prozent aller weltweiten Raketenstarts zuständig, erklärt Tajmar. Danach folge China. Das Übrige falle auf den Rest der Welt. In China gebe es jede Menge privater Start-ups, die auch schon ins All geflogen seien.

Was erwartet der Anbieter aus dem Südwesten langfristig?

Dass es in den USA und China schon entsprechende Anbieter von kleinen Raketen gibt, ist Schmierer bewusst. Aber die seien viel zu teuer, sagt er. HyImpulse wolle preislich deutlich attraktiver sein.

Ein Start der größeren kommerziellen Rakete koste etwa sechs Millionen Euro. Pro Kilogramm Nutzlast wolle man etwa 6500 Euro berechnen. Man habe bereits viele Kundenanfragen, die Auftragsbücher seien ordentlich gefüllt. Auch die Politik hofft auf Kostensenkungen durch die Nutzung privater Anbieter.

Welche deutschen Firmen stehen noch in den Startlöchern?

HyImpulse ist nicht das einzige Start-up in Deutschland, das an der Entwicklung von sogenannten Microlauncher arbeitet. Im Nachbarbundesland Bayern gibt es zwei Mitbewerber: Rocket Factory in Augsburg und Isar Aerospace nahe München. Alle drei wurden in den vergangenen Jahren gegründet. Sie arbeiten alle an Trägerraketen, mit denen Satelliten ins All befördert werden können und planen demnächst erste Testflüge.